Bewusstheit seiner selbst
Nächtliche Träume und Zustand nach dem Tode
Von der Wichtigkeit, eine bestimmte Leere wiederzuerkennen
Fehlende Kontrolle nächtlicher Träume und nach dem Tod
Der Aspirant muss verstehen, dass auf die gleiche Weise, wie er keine Kontrolle über das hat, was in ihm abläuft, während er in seine nächtlichen Träume getaucht ist – weil sich nämlich jeder Gedanke, jedes Bild und jeder Wunsch, der in ihm entsteht, in seinem Geist sofort Gestalt annimmt und ihn an seine Realität glauben lässt –, so wird er nach dem Tod den unzusammenhängenden Projektionen seiner psychischen Welt ausgeliefert sein. Wenn er nicht schon zu Lebzeiten dank spezifischer Konzentrationsübungen eine gewisse Meisterung seines Geistes erreicht hat, dann wird er in dieser schicksalhaften Stunde, wo er sich alleine in einer halluzinatorischen Welt finden wird, ohne es zu wissen, unaufhörlich all die Gedanken, Bilder und Wünsche für sich erzeugen, die in seinem Geist auftauchen, unmittelbar Form in einem höchst spektakulären Panorama annehmen und ihn an ihre Wirklichkeit glauben lassen.
Die Lehre des Tibetanischen Totenbuchs versucht genau, den Verstorbenen das Illusorische des geistigen Zustandes, in dem er sich nach dem Scheiden aus dieser Welt befindet, verstehen zu lassen. Daher wird folgende Anweisung ständig für ihn wiederholt: „Oh Edelgeborener, erkenne, dass diese Erscheinungen nur deine eigenen Gedankenformen sind. Wenn du sie nicht wiedererkennst, werden die Lichter dich in ihren Bann ziehen, die Töne werden dich mit Furcht erfüllen, die Strahlen dich erschrecken.“
Zu lernen, in diesem Leben gegenwärtig zu sein, ist wesentlich für die Zeit nach dem Tod
Da der Mensch von dem Leuchtenden Aspekt seiner Doppelnatur abgeschnitten ist, bleibt er, wohin er auch geht und mit allem, was er im Leben erreicht, unzufrieden. Nun, diese Unfähigkeit zu „sein“ wird für ihn nach dem Weggang aus dieser Welt eine Quelle zusätzlicher Leiden darstellen.
Trotz seiner Ernsthaftigkeit und ohne dass er es erkennen mag, besteht dieses Problem auch im Aspiranten. Wenn er sich aufrichtig erforscht, wird er nicht umhin können zu bemerken, dass von Anfang seiner Übung an unmerklich ein Gefühl der Ungeduld an im nagt, das ihn drängt, seine Meditation oder seine verschiedenen spirituellen Übungen unterbrechen zu wollen, um etwas anderes zu machen.
Sein Geist, der sich bis dahin so großer Freiheit erfreut hatte zu träumen, mag es nicht, gezwungen zu werden, konzentriert zu bleiben, und beginnt, alles zu tun, was in seiner Macht steht, um ihn zu zwingen, mit seinen Bemühungen aufzuhören. Er erinnert ihn eindringlich daran, dass es da draußen zuerst so viele Probleme zu regeln gilt, oder dass er sich dringend um seine schwache Gesundheit kümmern muss, oder auch, dass die Umstände, in denen er sich an diesem Tag befindet, für eine solche Arbeit nicht günstig sind, etc.
Man muss sich bemühen, die Weigerung zu sehen, die sich hinter diesen Vorwänden verbirgt, sonst wird ein ständiger versteckter Konflikt in ihm fortbestehen, während er versucht, sich zu konzentrieren, und seine Bemühungen, die lau bleiben werden, können ihn nicht zur Entdeckung des Transzendenten Aspektes seines Wesens führen, der von ihm erwartet, dass er Ihn wiedererkennt.
Wenn es dem Aspiranten nicht gelungen ist, diesen leuchtenden Zustand in sich zu wiederzuerkennen, solange er noch seinen sterblichen Körper trägt, und wenn er nicht dahingekommen ist, sich mit ihm vertraut zu machen – und sei es nur ein wenig –, wird es ihm nicht möglich sein, diesen zu verstehen, nachdem er seine körperliche Form verlassen hat, wie ihn das Tibetanische Totenbuch ermahnt: „Bis jetzt warst du unfähig, den Tschönyi-Bardo (das Klare Licht) zu erkennen und warst daher gezwungen, so weit nach unten zu wandern. Wenn du dich jetzt fest an die Höchste Wahrheit halten möchtest, musst du ohne Ablenkung in der Verfassung des Nicht-Handelns, des Nicht-Haltens der nicht verdunkelten, leuchtenden Uranfänglichen Leere deines Geistes bleiben, (…), das ist von großer Wichtigkeit. Lass dich nicht ablenken.“